Die EU-Kommission hat Ende November ihren Richtlinienvorschlag für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren vorgelegt und geht damit doch weiter, als bisher angenommen.
„Wir wollen Unternehmen bei einer frühen Umstrukturierung helfen, sodass Arbeitsplätze und der Unternehmenswert erhalten werden. Auch möchten wir gescheiterte Unternehmer dabei unterstützen, wieder schneller auf die Beine zu kommen und aufgrund ihrer Erfahrungen neu anzufangen,“ erklärte der Erste Vizepräsident Frans Timmermanns.
Věra Jourová, Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, erläuterte: „Jedes Jahr werden in der EU 200.000 Unternehmen insolvent; dabei gehen 1,7 Mio. Arbeitsplätze verloren. Dies könnte oftmals durch effizientere Insolvenz- und Umstrukturierungsverfahren vermieden werden. Es ist höchste Zeit, Unternehmern eine zweite Chance für einen Neuanfang mittels einer vollständigen Schuldenbefreiung innerhalb von höchstens drei Jahren zu gewähren.“
Die wesentlichen Inhalte des Richtlinienvorschlags für ein präventives Sanierungsverfahren fasst die Redaktion des "Insolvenzportals von STP" wie folgt zusammen:
Der Vorschlag konzentriert sich auf drei wesentliche Elemente:
Gemeinsame Grundsätze für die Verwendung von Rahmen für eine frühe Umstrukturierung, die Unternehmen helfen werden, ihre Tätigkeit fortzusetzen und Arbeitsplätze zu erhalten.
Bestimmungen für Unternehmer auf eine zweite Chance, da sie nach einem Zeitraum von höchstens drei Jahren eine vollständige Schuldenbefreiung erhalten.
Gezielte Maßnahmen für die Mitgliedstaaten, die Effizienz der Insolvenz-, Umstrukturierungs- und Schuldenbefreiungsverfahren zu erhöhen. Dadurch sollen sich die übermäßig langen und teuren Verfahren in vielen Mitgliedstaaten verkürzen, die zu Rechtsunsicherheit für Gläubiger und Anleger sowie zu niedrigen Quoten führen.
Bedeutung für Deutschland
Für Deutschland würde dies die Einführung eines neuen präventiven Sanierungsverfahren vor den jetzigen Insolvenzverfahren bedeuten, das nach dem Willen der EU Kommission auch insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugänglich sein und ohne Insolvenzverwalter / Sachwalter und nur minimaler Einbeziehung von Gerichten auskommen soll.
Der Vorschlag wird jetzt dem Europäischen Parlament und Rat vorgelegt und bei deren Zustimmung als Richtlinie angenommen. Danach muss diese noch von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht übernommen werden.
Reaktionen auf Vorschlag
Erste Stellungnahmen auf den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission trafen bereits ein:
Deutscher Anwaltsverein DAV, ARGE Insolvenzrecht und Sanierung: „Wir begrüßen den generellen Ansatz, redlichen Schuldnern, seien es Gesellschaften oder Unternehmer, die Möglichkeit einer zweiten Chance einzuräumen, wenn eine breite Mehrheit der Gläubiger diese Form der vorinsolvenzlichen Sanierung unterstützt“ (Rechtsanwalt Dr. Martin Prager, Vorsitzender der DAV-Arbeitsgemeinschaft)
Die neue Insolvenzverwaltervereinigung Deutschlands (NIVD): „Der Richtlinien-Entwurf verfolgt die richtigen Ziele. Dort, wo er über den Bestand des deutschen Insolvenzrechts hinausgeht, gefährdet er jedoch die Interessen der Gläubiger.“ (Dr. Susanne Berner, Vorstandsvorsitzende NIVD)