Nach einer neuen Studie von Roland Berger und der Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für Unternehmensrestrukturierungen (HgGUR) kommt das ESUG bei den Insolvenzexperten gut an. Dieses Ergebnis ihrer Untersuchung präsentierten die Unternehmensberater von Roland Berger Mitte Mai.

Das am 1. März 2012 in Kraft getretene Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) bewerten die befragten 1.400 Gläubiger, Insolvenzverwalter, Rechtsanwälte, Richter, Investoren und Manager positiv. Nach zunächst kontroversen Diskussionen habe sich das Stimmungsbild zum Positiven gewendet.

Inzwischen haben über 90 Prozent der Befragten in mindestens einem Fall das ESUG angewendet – 2013 waren es weniger als 85 Prozent. Dabei sammelten sie vor allem Erfahrungen mit der vorläufigen Eigenverwaltung (86% der Befragten), dem vorläufigen Gläubigerausschuss (81%) sowie dem Schutzschirmverfahren (69%). Immerhin 63 Prozent der Befragten haben auch schon Insolvenzpläne eingesetzt, die die Gesellschafterrechte verändern, etwa durch Debt-Equity-Swaps.

Auffällig ist, dass die Gläubigerseite immer öfter Anträge auf Eigenverwaltung ablehnt: 2014 waren es 47 Prozent. Diese Tendenz zeichnete sich bereits in den vergangenen Jahren ab: 2013 lehnten die Gläubiger 44 Prozent der Anträge auf Eigenverwaltung ab, 2012 waren es 32 Prozent. "Die Antragstellung bleibt die größte Herausforderung", erläutert Sascha Haghani, Roland Berger-Partner und Leiter des Kompetenzzentrums Restructuring & Corporate Finance. "Viele Unternehmen tun sich schwer, ein vollständiges, schlüssiges und überzeugendes Sanierungskonzept vorzulegen. Das verunsichert die Gläubiger", ergänzt Roland Berger-Partner Rainer Bizenberger.

Für besonders schwierig halten 60 Prozent der Studienteilnehmer die erhöhte Komplexität der Verfahren: vor allem, weil die Anzahl der Beteiligten zugenommen habe (53%), die Dokumentation komplexer geworden sei (52%) und immer noch rechtliche Unsicherheit bei der Anwendung der Neuregelungen bestehe (45%). "Vor allem bei großen Unternehmen ist der Zeitbedarf erheblich", sagt Christopher Seagon, Geschäftsführer der Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für Unternehmensrestrukturierungen. Wegen der Komplexität der ESUG-Verfahren hat zudem der Abstimmungsbedarf mit den verschiedenen Interessengruppen zugenommen. "Umso wichtiger für den Erfolg der Eigenverwaltung ist es, dass die handelnden Personen umfangreiche Sanierungserfahrung einbringen können und Sachwalter die Unabhängigkeit vom Management sicherstellen", so Seagon.

Die anstehende Reform des Konzerninsolvenzrechts befürworten rund zwei Drittel der Befragten, auch wenn sie sich in der Einschätzung der Wirkungen uneinig sind: Eine geringere Komplexität und eine Beschleunigung der Verfahren erwartet zwar rund ein Drittel der Studienteilnehmer, etwa die gleiche Anzahl hat hier jedoch keine Hoffnung. Lediglich für die Zustimmung der Gläubiger erwartet eine Mehrheit positiven Einfluss durch die Reformen. Verbesserungsbedarf sehen die Befragten vor allem bei der engeren Verzahnung des Insolvenzrechts mit dem Steuerrecht (86%), einer Verpflichtung zum einheitlichen Gerichtsstand (63%) und bei den Befugnissen des Koordinationsverwalters (59%). Für Roland Berger-Partner Rainer Bizenberger ist klar: "Wenn im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens noch weitere Korrekturen erfolgen, bleibt zu hoffen, dass sich die positiven Erfahrungen mit dem ESUG auch beim Konzerninsolvenzrecht wiederholen."

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