Der Inkassodienstleister Creditreform meldet, dass sich auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres die Zahl der Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2015) um 6,8 Prozent auf 10.750 Insolvenzanträge verringert habe. Die anhaltend gute Wirtschaftslage in einem günstigen Finanzierungsumfeld sowie eine verbesserte Ertrags- und Eigenkapitalsituation stärke die Stabilität der Unternehmen. Zudem führe das seit Jahren stagnierende Gründungsgeschehen in Deutschland zu einem abnehmenden Bestand an tendenziell insolvenzanfälligen jungen Unternehmen.

Auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen sei rückläufig: Ein Minus von 5,1 Prozent auf 38.250 Fälle ist zu verzeichnen. Hier wirkten sich steigende Beschäftigung und Einkommen positiv aus – private Überschuldung ist aber weiterhin ein verbreitetes Problem in Deutschland.

Nur wenig verringert haben sich laut Creditreform die Insolvenzschäden sowie die Arbeitsplatzverluste. So betrage die Schadenssumme für Insolvenzgläubiger sowie für die öffentliche Hand im 1. Halbjahr geschätzt 11,8 Mrd. Euro (1. Halbjahr 2015: 11,9 Mrd. Euro). In vielen Insolvenzfällen sei mittlerweile eine große Zahl an Gläubigern betroffen. 110.000 Arbeitsplätze seien aufgrund der Insolvenzen im 1. Halbjahr bedroht (1. Halbjahr 2015: 112.000). Vor allem bei Unternehmen mittlerer Größe und jüngeren Unternehmen sind erneut viele Stellen gefährdet.

Regional sei die Insolvenzbetroffenheit unterschiedlich. Die niedrigsten Insolvenzquoten der deutschen Länder würden Baden-Württemberg (37 Fälle je 10.000 Unternehmen), Thüringen (42) und Bayern (45) aufweisen. Am höchsten sei die relative Insolvenzbetroffenheit in Nordrhein-Westfalen und Hamburg (jeweils 99).

Mehrzahl Kleinstbetriebe – Unternehmergesellschaft (UG) insolvenzanfällig

Weiter erhöht habe sich der Anteil der Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) am Insolvenzaufkommen. 8,4 Prozent der im 1. Halbjahr insolvent gegangenen Unternehmen haben die Rechtsform UG (1. Halbjahr 2015: 7,5 Prozent). Zudem seien die Rechtsformen, die auf Klein- und Kleinstunternehmen hindeuten, weiterhin am stärksten betroffen.

Insgesamt seien 66,0 Prozent aller Insolvenzfälle des 1. Halbjahres Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 500.000 Euro – mithin Kleinstunternehmen und Solo-Selbständige (1. Halbjahr 2015: 63,3 Prozent) betroffen. Entsprechend seient in der Mehrzahl der Unternehmen (81,0 Prozent) höchstens fünf Mitarbeiter beschäftigt (1. Halbjahr 2015: 79,8 Prozent). Insbesondere im Handel und im Dienstleistungsgewerbe bestimmten solche Kleinstbetriebe das Insolvenzgeschehen. Der Anteil der Großinsolvenzen, also Unternehmen, die Umsätze von über 25 Mio. Euro erzielen, bliebe deutlich unter 1,0 Prozent. Zu den Großpleiten der zurückliegenden Monate zählten u. a. das Modeunternehmen Steilmann sowie der Brennstoffhersteller German Pellets.

Rückgang in den Wirtschaftsbereichen

Die Insolvenzbetroffenheit bei jungen Unternehmen im Alter von drei bis sechs Jahren sowie auch bei etablierten Unternehmen mit einem Alter von mehr als 30 Jahren habe leicht zugenommen. Mehr als die Hälfte (59,3 Prozent) aller im 1. Halbjahr insolvent gewordenen Unternehmen seien allerdings kaum zehn Jahre am Markt (1. Halbjahr 2015: 60,0 Prozent). Am höchsten sei die Insolvenzanfälligkeit so weiterhin in den ersten Jahren nach der Gründung.

In allen vier Hauptwirtschaftsbereichen verringere sich die Zahl der Insolvenzen – am deutlichsten im Verarbeitenden Gewerbe (minus 10,9 Prozent). Das Dienstleistungsgewerbe bilde mit 6.010 Insolvenzfällen bzw. 55,9 Prozent aller Insolvenzen erneut den Schwerpunkt des Insolvenzgeschehens. Allerdings würden auch im Dienstleistungssektor weniger Insolvenzen gezählt (minus 400 Fälle; minus 6,2 Prozent). Im Baugewerbe seien in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 1.680 Insolvenzen registriert (1. Halbjahr 2015: 1.790; minus 6,1 Prozent). Die Insolvenzquoten in den Wirtschaftsbereichen verringerten sich deutlich. Je 10.000 Unternehmen werden noch 66 Insolvenzen gezählt (Vorjahr: 71). Die Spanne der Insolvenzquoten reiche dabei von 39 im Verarbeitenden Gewerbe bis 92 im Baugewerbe. Im Handel sei der Rückgang der Insolvenzquote in den letzten zehn Jahren allerdings deutlich weniger ausgeprägt als in den übrigen Wirtschaftsbereichen.

Eigenverwaltungen: größere und ältere Firmen

Eigenverwaltungen unter Mitwirkung eines sogenannten Sachwalters, also Insolvenzverfahren, bei dem das insolvente Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Insolvenzmasse behält, führten in Deutschland weiterhin ein Nischendasein. Im vergangenen Jahr haben 261 Verfahren die Eigenverwaltungen betroffen – das entspricht 1,2 Prozent aller registrierten Insolvenzverfahren. In den ersten vier Monaten beläuft sich die Zahl der Eigenverwaltungen auf 78. Dieses relativ neue Sanierungsinstrument spiele im Wesentlichen nur für mittlere und größere Insolvenzfälle sowie für bereits etablierte Unternehmen eine Rolle, bei denen die Fortführung und der Erhalt der Arbeitsplätze sinnvoll erscheinen. In der Mehrzahl (70,2 Prozent) sind die Unternehmen über zehn Jahre alt.

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